Die letzte Gardine

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Format: Live-Mitschnitt: 2 Audio-CDs (ca. 150 Minuten)
VÖ: 24.11.2014
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-8371-2973-1
Kaufpreis: 16,99 €

Georg Schramm beendet seine Kabarettisten-Karriere. Das schien still und leise nach dem durchaus erfolgreichen, letzten Soloprogramm unterzugehen, im Lärm und der Ignoranz der Mediengesellschaft. Das wollte Urban Priol nun aber nicht zulassen, und konnte zusammen mit Jochen Malmsheimer den Scheidenden überreden noch ein allerletztes Programm zum Abschied itself zu gestalten. Wo also dieser noch einmal gefeiert werden sollte, was ihm bzw. dem Charakter seiner erfolgreichsten Figur natürlich eher abhold ist. Diese nennt sich selbst einen Narren, die auf der Bühne dem Wort der Vernunft zwar Stimme verlieh, doch nicht in dem Maße durchdrang wie es das Ansinnen war, denn die Kunst will erreichen, appellieren, Zustimmung und Wirkung erzielen. Und sie will den Bruch, mit dem Status Quo. Daher ist der Künstler oft gleichsam von Kreativität umweht wie vom Abgrund des Depressiven bedroht. Durch die Freude an seinem So-Tun, und durch die Qualität dessen was zurückkommt oder davon bleibt. Doch die Tatsache, dass noch mal gesagt wird, was den Künstler beschäftigt, dass es wieder und wieder gesagt werden muss, lässt die obige Einschätzung der Figur kontrafaktisch erscheinen, denn Zuhörer zumindest sind gekommen. Unmöglich zu sagen, was das Gehörte mit ihnen anstellen wird, natürlich. Mit der CD jedenfalls ist das Vergängliche des Momentes, des Spiels zumindest tonal er-haltbar, dem gewisse Anteile von Wahrheit zukommen (dem Moment wie dem Spiel).

Mit Shakespeare wird geflucht, mit dem Erinnern an die „Anstalts“-Zeiten wird das Wirken reflektiert, und mit Adorno und Horkheimer wird die Zeitlosigkeit der Zeitkritik klar gemacht. Doch hieran ist auch die Primärkritik des Rezensenten festgemacht, denn Vieles hat man/er schon gehört, vornehmlich bei Auftritten in der ZDF-Sendung „Die Anstalt“, wer nun diese häufig sah, hört unweigerlich Vieles wieder. Ein weiterer Punkt ist der, dass Priol die politische Schärfe des Schramm verwitzt und dadurch relativiert, schon durch die Relativität zu den mitspielenden, anderen Kabarettisten. Malmsheimer ist ein großer Wortkünstler, ein politischer Kabarettist ist er nicht. Somit wirkt er, wie er selber einmal sagte, als helle Farbe, also als Tünche über die Botschaft. Verziehen wird dieses jedoch dadurch, dass Beide dies auf hohem Niveau tun. Also sprachlich wie humorig. Und damit das Eingespielte immer noch um einiges mehr berechtigt ist sich zu wiederholen, als was sonst so schrecklich in der bundesdeutschen Welt des Mediativen geisternd mehrheitsfähig zu sein scheint.

Inhaltlich geht es um die Gesellschaft und die Politik, ihre Fehlentwicklungen, Lügen und ihr Personal, alles mit der gehörigen verzweifelten Wut bei Schramm bzw. seinem Alter-Ego Dombrowski. Wie gehabt und nun nicht mehr zu haben. Das Macht Spaß und nachdenklich, im Idealfall. Es soll hier jedoch einmal unterstellt werden, dass es dem Hörer möglich ist, dem Ideal nahezukommen, so er gelegentlich reflektiert und das v.a. bundesdeutsche, politische Geschehen verfolgt. Daher ist die Empfehlung kulturgemäß nur teilweise auszusprechen. Dieses ist keine Comedy. Dieses ist Kabarett, man muss mitdenken. Man braucht ein paar Vorkenntnisse. Doch wer hat, dem werde gegeben. Etwa diese CD, in Geschenkpapier. (4/5)

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