Vom Mentalen her quasi Weltmeister

Nun ist es also wieder einmal soweit: Eine Fußball-WM, in Brasilien. Genau die richtige Zeit für Verlage, CD-Schmieden und DVD-Losschlagungs-Verleihe das Thema rollender Ball gehörig zu bedienen, meint auszuschlachten. Alles den, von Euphorie mit Unzurechnungsfähigkeit beseelten, Fans anzudrehen, das im Rest der Saison niemand kauft. Was sonst nicht einmal als Geschenkbuch durchginge, als musikalischer Grusel im Bierzeltschunkel von Richtung Videowürfel herabplärrt und etwa in aufschlussreichen Filmen, darinnen von Experten begleitete Spieler- und Trainerinterviews abendfüllend ausgeweitet werden, dass die Ääähhs und Äähmms nur so auf den unbescholtenen Zuseher und -Hörer einprasseln, zu erfahren, dass der Ball rund, der ins Eckige muss und derlei Tiefschürfendes.

Dann gibt es aber tatsächlich, unter diesem Unsinn in Legion, mal ein Buch, das leidlich lesbar und sogar komisch ist. Obschon es in diese Mechanismen integriert. Dies konnte kaum anders werden, weil es Horst Evers geschrieben hat. Einer der sehr wenigen deutschen Komiker, den man ohne Sedativa erträgt. Und gar, ab und an, ein Lachen bei ja eher stillen Lektüre diesem gedenkend, ihm schenkte. Oder auch öfters lächeln musste, es ging nicht anders. Manchmal aber auch, jedenfalls in diesem Veröffentlichungsfall, schulterzuckend weiterblätterte.

Hier jedenfalls stellt der Horst die WM-Teilnehmerländer und andere vor. Mit dem profunden Wissen reisender Freunde, eingewanderter, ehemaliger Mitbewohner und geballter Ladungen an Fernseh-Fußball-Rezeptions-Erfahrung, gelegentlich vielleicht von Wikipedia unterstützt. Wie nicht anders zu erwarten, ist das ein Abarbeiten beinahe aller Klischees über die fremden Landen (oder doch sehr vieler), die eben in besagtem Fernsehen bei Spielübertragungen gerne kolportiert werden, sowie die üblichen Wald-und-Wiesen-Vorurteile. Dieses selbstredend ironisch über-über-spitzend, eigene Schwenker ins Abwegige nehmend, manchmal die Vorurteile deutlichen Wortes auflösend, dann wieder sich über sie sehr lustig machend.

Und tatsächlich, es kommt vor, dass man Interessantes über ein Land liest. Aber allzu Vieles ist bekannt, einiges geradezu langweilig, weil nunmehr zum Tausendsten mal durchgekaut. Richtig gut ist das Buch, wenn Horst von sich spricht und seine Erinnerungen, wenn er das Feld des Buchgrundes verlässt und seine Karriere als Fußballer ausbreitet, oder sein WG-Leben rekapituliert und die Weisheiten der Freunde und Bekannten zum Besten gibt. Wenn so das ganze Buch geworden wäre, könnte man es sehr guten Gewissens empfehlen. Doch sind die Stellen zu rar, dass sie dauernd Freude bereiteten. Einige Länder erscheinen dagegen kein bisschen komisch, wirken wie schnell hingeschrieben, als wolle der Autor eine nervige Auftragsarbeit endlich fertigkriegen. Außerdem verbrauchen sich die Rubriken (vor allem der Tagesablauf) und das immer gleiche Prinzip ermüdet. Obschon der Rezensent den Autoren mag, dieses Mal ist es kein großer Wurf geworden.

Man kann vielleicht im Rausch des Sieges seiner Lieblingsmannschaft und jenem von ein paar Bieren in den Buchladen gehen und nach diesem Werk greifen, für einen nüchternen Kopf und Magen ist dieses: Mehr so Mittel. (3/5)